Sonntag, 11. November 2012

Donnerstag, 1. November 2012

Es steht ein Baum . . .

  im Wüstensand . . .

  Ein textiler Wandbehang nach
  Gedichten von Friedrich Hebbel




Der Baum in der Wüste

 

Es steht ein Baum im Wüstensand,
  Der einzige, der dort gedieh;
Die Sonne hat ihn fast verbrannt,
  Der Regen tränkt den durst’gen nie.

In seiner falben Krone hängt
  Gewürzig eine Frucht voll Saft,
Er hat sein Mark hineingedrängt,
  Sein Leben, seine höchste Kraft.

Die Stunde, wo sie, überschwer,
  Zu Boden fallen muß, ist nah,
Es zieht kein Wanderer daher,
  Und für ihn selbst ist sie nicht da.

Friedrich Hebbel



Unterm Baum 

 

Unterm Baum im Sonnenstrahle 
  Liegt ein rotes, träges Kind,
Schläft so lange, bis zum Mahle
  Früchte abgefallen sind.

Einer hängt der schweren Äste
  Fast herab auf sein Gesicht,
Beut ihm still der Früchte beste,
  Doch sie pflücken mag es nicht.

Flink vom fernen Bergesgipfel
  Eilt der Mittagswind daher,
Schüttelt leise, und vom Wipfel
  Fällt es, gelb, wie Gold, und schwer.

Daß das Bübchen, nun die Spende
  Aus dem Grase winkt, erwacht,
Setzt auf eine seiner Hände
  Sich die kleinste Mücke sacht.

Friedrich Hebbel

 

Der letzte Baum

So wie die Sonne untergeht,
  Gibt’s einen letzten Baum,
Der, wie in Morgenflammen, steht
  Am fernsten Himmelssaum.

Es ist ein Baum und weiter nichts
  Doch denkt man in der Nacht
Des letzten wunderbaren Lichts,
  So wird auch sein gedacht.

Auf gleiche Weise denk ich dein,
  Nun mich die Jugend läßt,
Du hältst mir ihren letzten Schein
  Für alle Zeiten fest.

Friedrich Hebbel